Die Wettervorhersage war unterirdisch: 13 Grad, starker Wind, Regen. Aber das Hotel am Wolfgangsee war gebucht, die Fahrt organisiert. Also packten wir noch ein paar Mützen, Schals und warme Westen ein und trafen uns pünktlich zur Abfahrt in Tegernsee.
Dank des Sauwetters waren keine Ausflügler unterwegs, und so trafen wir nach zwei Stunden Fahrt in St. Gilgen am Wolfgangsee ein, wo noch Zeit für ein kleines Frühstück war. Danach machten wir uns gemeinsam auf den Weg zum Grundlsee, nochmal eine Stunde entfernt. Pünktlich um 10:00 waren wir dort, am Ersten Ausseer Ruderclub, romantisch am östlichen Ende gelegen. Leider hatte derjenige, der uns aufsperren sollte, selbiges vergessen, und als wir uns nach einigen vergeblichen Telefonaten gerade mit dem Gedanken angefreundet hatten, dann eben mit dem kleinen Dampfer zu fahren und halb um den See zu wandern, kam Rettung in Gestalt von Gertraud, die mit der Schlüsselkarte heranradelte und das zauberhafte Bootshaus aufschloss. Ein paar Schritte die Treppe hinunter, dann war man schon drin. Feinste Schellenbacher Boote, sehr ordentlich alles, ein unscheinbarer Riegel gelöst, und dann ließen sich die Elemente des großen Holztores zieharmonikaartig nach links schieben und gaben den Blick direkt auf den See mit dem kleinen Steg frei.
Nebelverhangene Felswände, grün bewaldete Hügel, kein Mensch außer uns auf dem Wasser. Eine Traumkulisse. Der Wind war frisch, in Böen aber so stark, dass er uns beim Aufdrehen der Blätter in die Handgelenke fuhr und auf dem Wasser kleine Schaumkronen erzeugte. Vorsichtig wagten wir uns so weit vor, bis wir vom Ufer gegenüber von Gaiswinkl das Ende des Sees sehen konnten, und fassten dann den Entschluss, aus Sicherheitsgründen umzukehren. Eine gute Entscheidung. Wir wurden förmlich zurückgeweht. Kaum hatten wir angelegt, die 20 Liter Wasser ausgeschöpft und das Boot verräumt, gab es einen Wolkenbruch. Der Wind peitschte über den See, Regenmassen. Anruf bei Gertraud: „Gott sei Dank seid ihr zurück, ich hab‘ mir schon Sorgen gemacht!“
Am Freitag haben wir nur einen kurzen Fußweg zum Ruderclub am Wolfgangsee. Hier herrscht schon reger Betrieb, die Normannen aus Klosterneuburg sind mit ihren Booten angereist und bereits dabei, diese ins Wasser zu lassen. Wir bestaunen derweil das moderne und großzügige, lichtdurchflutete hölzerne Bootshaus. Wieder bekommen wir einen wunderbaren Schellenbacher-Vierer, Martin W. weist uns ein und macht sogar noch ein Photo von uns, nachdem wir abgelegt haben. Das Wetter hat sich gemacht: Zwar gibt es noch ein paar dunkle Wolken, aber der Wind hat stark nachgelassen, und die Fahrt am Nordufer entlang Richtung Strobl ist ein Genuss. Wir passieren das Hotel Weißes Rössl, völlig verschandelt durch einen hässlichen Anbau. Da gefallen uns die steil abfallenden Felswände und die sandigen Strände viel besser. Am Gemeindebad in Strobl legen wir an, es ist noch so kalt, dass kein Badebetrieb herrscht, noch nicht einmal die Kasse ist besetzt. Der Kiosk aber hat auf und serviert köstlichen Marillenkuchen mit Schlagobers.
Irmi und Martin ruhen sich am Strand aus und bewachen das Boot, wir anderen laufen in den Ort und bummeln ein bisschen durch die Straßen. Natalie plagen leider Rückenschmerzen, aber im Dorfladen gibt es diverse Heilmittel zu kaufen. Zurück fahren wir am anderen Ufer, bis wir am späten Nachmittag nach 24 km wieder in St. Gilgen anlegen. Morgen soll hier im Bootshaus eine Hochzeit gefeiert werden. Das Brautpaar, das heute erst auf Schloss Mirabell geheiratet hat, ist schon da und legt selbst Hand an, Blumen, Tischdecken und Knabberzeug werden hereingeschleppt, und wir helfen ein bisschen mit.
Samstag ist Mondsee-Tag. Nach Yoga am Strand und dem Frühstück fahren wir los, der Mondsee ist nicht weit entfernt. Wir werden herzlich begrüßt. Der Verein hat ein sehr kleines und schlichtes, aber raffiniertes Bootshaus. Jede Wand wird genutzt, an der Bootshaustür hängt ein Trockengestell für die Handtücher, draußen gibt es mit LKW-Planen vor Wind und Sonne geschützte Bootslager. Gleich neben dem Freibad ist der Steg, an dem wir unseren Vierer einsetzen, die Ruderblätter in gelb-blau gestrichen, den Farben des Vereins. Glattes Wasser, strahlender Sonnenschein, ein Traum. Wieder schroffe Felswände, in manche von ihnen sind Tunnel gehauen. Wenn diese sich zum See hin öffnen, sehen wir eine bunte Schar von Radfahrern hindurchfahren. Bewaldete Hügel, blauer Himmel, wir sind trotzdem so gut wie allein auf dem See. Anlegen ist schwierig, zu viel Schilf und zu viel Privatbesitz, und außerdem wollen wir am Nachmittag noch nach Salzburg. Also wieder zurück, nach gegrilltem Fisch gleich neben dem Ruderverein ab ins Hotel zum Duschen, und dann brausen wir mit Irmis Cabrio nach Salzburg. Wir bummeln durch die aufgeheizte Stadt, die sich zum Abend hin merklich beruhigt und lassen diesen dort auf der Terrasse eines Gasthauses mit Blick über die Altstadt ausklingen.
Am Sonntag haben wir nochmal ein Stündchen bis zum Hallstätter See zurückzulegen, aber wir sind ganz entspannt, denn heute werden wir gerudert. Am See gibt es keinen klassischen Ruder-, dafür aber einen Plättenbauverein, der sich zum Ziel gesetzt hat, allen, die Lust dazu haben, das Rudern auf diesen traditionellen Booten beizubringen. Hubert und Christian zeigen uns zunächst ihre Werkstatt, in der diesen Sommer ein neues Boot gebaut wird, die Teile liegen schon bereit. Dann verteilen wir uns auf die zwei Plätten, die im Bootshaus liegen. Es sind flache, kiellose Transportboote für Salz, ein paar Kühe oder Passagiere wie uns. Gerudert wird von einer Person mit einem massiven, schweren Holzruder, das in einen gefetteten Ochsenziemer am Rumpf eingehängt wird. Wir gleiten lautlos über den See und lauschen den Geschichten, die die zwei uns über die Gegend, die 400 Jahre alte Soleleitung, die kleine Eisenbahn und das berühmte Beinhaus in Hallstatt erzählen.
Wieder ein wunderbarer Tag, spiegelglattes Wasser, und wir haben die Zeit und die Muße, alle Eindrücke aufzunehmen, uns in alle Richtungen umzusehen. Der Gasthof am Wasser mit den grünen Sonnenschirmen wird uns sehr empfohlen, falls wir mal nach Hallstatt wollen, auf jeden Fall von Obertraun und dann mit dem Schiff. Für heute bleibt zum Bedauern der beiden Fremdenführer nicht genug Zeit für ein Anlegen in der alten Stadt, und dann werden kleine Elektromotoren angeschaltet, die uns zügig zurückbringen. Kurz vor dem Bootshaus dürfen wird dann auch ans Ruder, bei Natalie sieht das richtig gut aus, die Gondelerfahrung zahlt sich aus. Dreimal ins enge Bootshaus einparken und sie wäre zertifizierte Kapitänin! Der Tag geht mit einem Gruppenphoto zu Ende, vielleicht kommen die Goiserner uns im Herbst am Tegernsee besuchen, um mit uns gondeln.
Danke an alle gastfreundlichen Vereine und an unsere harmonische Rudergruppe, es war mir ein großes Vergnügen!
YN
Bilder: Natalie, Andrea, Yukiko, Martin B., Martin W.














